Fernsehkritik
CSI - Den Tätern auf der Spur
(VOX)
in Frankfurter Rundschau
vom 27.08.2003
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Monolog der Fakten
Realistische Verbrecherhatz auf Vox von Thomas Günther
CSI - Den Tätern auf der Spur, Vox, 20.15 Uhr. Die Krimiserie, deren dritte Staffel heute im deutschen Fernsehen anläuft, ist eine der erfolgreichsten der Welt: CSI - Den Tätern auf der Spur, ist eine CBS-Primetime-Produktion, die in den USA häufig die Wochen-Top-Ten der Einschaltquoten ereicht. Dort läuft derzeit die vierte Staffel. Bis zu 30 Millionen Zuschauer sind am Fernsehschirm. Für den Golden Globe und den Emmy war die Krimiserie schon mehrfach nominiert.
CSI steht für Crime Scene Investigation und meint die Untersuchung am Tatort. Die Serie zeigt die Arbeit von Kriminalisten der Spurensicherung. Verfolgungsjagden durch die nächtliche Glamourstadt Las Vegas, Schlägereien und Schießereien sind dabei eher die Ausnahme. Die Krimiserie ist erfolgreich und gleichzeitig nicht unterstes Unterhaltungsniveau: Gut recherchierte forensische Details; spannende, aber nicht allzu reißerische Inszenierung - und sogar überzeugende Charaktere.
"Beweise lügen nie", das ist die Leitidee der Serie. Wie ein Puzzlespiel werden von dem CSI-Team die Kleinigkeiten zusammengetragen. Ein Haar, das im Auto des Opfers zurückgeblieben ist oder eine zertrümmerte Fensterscheibe, die zusammengepuzzelt die Höhe des Aufschlages verrät, sind die überführenden Indizien. Was bei Sherlock Holmes durch Logik funktionierte, geht hier durch Technik. Genaue Kenntnisse der forensischen Chemie führen auf die heiße Spur und überführen den Täter, dessen Vorladung zum Verhör zumeist nur der Sicherung von Haarproben oder der Untersuchung der Hände dient.
"Wir haben keine Theorie, wir suchen Beweise", erklärt Gil Grissom, der Leiter des CSI-Teams. Da lässt sich fragen, was mit Beweisen angefangen wird - etwa eine Theorie bestätigt? Dies ist jedenfalls in der Wissenschaft so üblich, der sich auch die Serie verschrieben haben möchte. Aber das wäre etwas zu viel Tiefgang, der in der Abendunterhaltungsindustrie nichts zu suchen hat.
Das Hauptmotiv der Fernsehserie ist nicht die Verklärung wie beim Genre Mystery, oder die Darbietung scheinbarer Lösungen, sondern sie steht in der Tradition der Aufklärung. Das Finden einer Wahrheit, die vollkommen überzeugend ist, steht im Zentrum des CSI-Teams. Am Anfang des Falls gibt es meist keinen Verdächtigen und kein Motiv. Nur der Tatort steht den Kriminalisten zur Verfügung. Dort hat der Täter die Spuren hinterlassen, die entschlüsselt werden müssen.
Es geht darum eine eindeutige Objektivität zu finden. Während Derrick eine gemeinsame Realität mit dem Täter suchte, wodurch es zu den oft belächelten Wiederholungen in den Dialogen kam, setzt CSI diese Realität als Objektivität voraus, von der es den Täter beziehungsweise den Zuschauer zu überzeugen gilt. CSI ist ein Monolog der Fakten. In dem Objektivismus wird die Dialektik der Aufklärung ausgeblendet. Nun kann darüber gestritten werden ob die Kenntnis der Schriften von Adorno und Horkheimer die Serie verbessert hätte. Sie hat es für die CBS-Produktion nie gegeben.
In der Objektivität verschwindet alles außerhalb der technischen Realität. Es besteht ein technischer Positivismus. Die Lösung des kriminalistischen Problems liegt in der Technik, die Probleme sind technisch lösbar. Und auch, wenn in einer Folge ein Fall offen bleibt, endet der Misserfolg mit einer Hoffnung: Der technische Fortschritt bringt eventuell neue Analysemethoden mit sich, mit denen der Täter überführt werden kann.
Diese technische Vielfalt bringt in der Serie eine bestimmte Form von Zusammenarbeit hervor. Jeder im Team ist Spezialist, sonst wäre der technischen Komplexität gar nicht beizukommen. So werden von zwei unabhängig arbeitenden Teams in einer Folge gleich zwei Fälle parallel bearbeitet. Die beiden Spannungsbögen überlagern sich dabei. Trickreiche Clip-Einspielungen verdeutlichen ballistische oder entomologische Details. So zeigt eine Computersimulation eine durch den menschlichen Körper fliegende Kugel. Ein Genickbruch wird fast schon künstlerisch ummalt in einer Darstellung eines animierten Skeletts. Die Bilder sind in keiner Weise blutrünstig - sie sind eher ästhetisiertes Anschauungsmaterial zur Verdeutlichung wissenschaftlich erarbeiteter Erkenntnisse.
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